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MAX 40: Review der Ausstellungseröffnung

18. November 2016

Podiumsdiskussion bei der Eröffnung (Foto: Mauro Pinterowitsch)
Podiumsdiskussion bei der Eröffnung (Foto: Mauro Pinterowitsch)
Podiumsdiskussion bei der Eröffnung (Foto: Mauro Pinterowitsch)

Aufbruch für den architektonischen Nachwuchs und das Land. Ausstellung „MAX 40 “ zeigt prämierte Entwürfe junger Architektinnen und Architekten im Landesmuseum

Die BDA (Bund Deutscher Architekten) Landesverbände Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland haben im Juli diesen Jahres zum ersten Mal gemeinsam den BDA Architekturpreis „MAX 40“ vergeben. Die prämierten Entwürfe sind bis zum 08. Januar 2017  im Landesmuseum Mainz zu sehen. Am 10. November 2016  wurde die Ausstellung unter der Überschrift Reform des Vergaberechts als Chance den Wandel gemeinsam zu gestalten eröffnet.
Doris Ahnen (Ministerin der Finanzen Rheinland-Pfalz), Professor Heinrich Lessing (Vorsitzender des BDA Landesverband Rheinland-Pfalz) und Thomas Metz (Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz) begrüßten die Gäste. Professor Hans-Peter Achtzi (C4C, Berlin) und Hubertus Eilers (Eiler Architekten BDA Potsdam) lieferten mit ihren Impulsreferaten zum Vergabewesen die Grundlage für ein angeregtes Podiumsgespräch und eine lebhafte Diskussion mit den Besuchern.
Neben Hubertus Eilers und Prof. Hans-Peter Achatzi waren vor allem Gestalter aus der Politik vertreten: Doris Ahnen, Ministerin für Bauen und Finanzen, Günther Schartz, Landrat des Kreises Trier-Saarburg, Karl-Heinz Schlifter, Bürgermeister der Ortsgemeinde Gillenfeld, Eifel, konnten aus ihrer Wahrnehmung in Land, Landkreis und Ortsgemeinde von ihren Erfahrungen mit Wettbewerben in Rheinland-Pfalz berichten.
Max Otto Zitzelsberger, Architekt und Preisträger Max 40, München gab einen Einblick in die Startphase junger Architekten. Darüber hinaus war ihm das Erkennen von regionaler Wertschöpfung wichtig, die vielleicht erst einmal etwas mehr kostet, dafür aber in ihrer nachhaltigen Wirkung nicht hoch genug bewertet werden kann. Gertrudis Peters, Geschäftsführerin der Architektenkammer Hessen und Expertin für das Vergabewesen moderierte den Abend. In Ihrer Einführung fragte sie nach den Voraussetzungen, unter denen es gelingen kann, einer jungen Generation am Markt eine Chance zu geben. Ministerin Doris Ahnen, als Schirmherrin der Ausstellung Max 40 stellte zu Beginn deutlich heraus, dass „die prämierten und vor allem umgesetzten Projekte beispielhaft zeigen, welches Potential in jungen Architektinnen und Architekten steckt. Dies muss weiter gestärkt und auch herausgefordert werden“. Ahnen erklärte, dass das bisherige Vergabewesen etablierte Büros unterstützte und es Neueinsteigern sehr schwer machte. Die Reform des Vergabewesens sowie mehr Architekturwettbewerbe helfen Neueinsteiger dabei, sich auf dem Markt durchzusetzen. Davon, so Ahnen, profitieren aber nicht nur junge Büros, sondern letztendlich das ganze Land. Als Beispiel nannte sie den strukturschwachen ländlichen Raum, dessen Entwicklung dank den Ideen und Projekten gerade junger Architekten gefördert werden könnte. Immerhin: 60% der Bevölkerung von Rheinland-Pfalz leben im sogenannten ländlichen Raum und könnten von solch einer Belebung ihrer Heimat profitieren. „Wir wollen vor Ort Schätze heben“, so Doris Ahnen, die überzeugt ist, dass gute Architektur „Heimat“ neu und besser definieren wird.

Das bestätigte auch Karl-Heinz Schlifter, Bürgermeister des kleinen Ortes Gillenfeld in der Eifel. Er beteiligte sich mit seiner Gemeinde an der Initiative „Mehr Mitte, bitte!“, als deren Folge in Gillenfeld vom Kaiserslauterer Büro AV1 Architekten ein Mehrgenerationen-Wohnungsbauprojekt realisiert wird. Schlifter ist begeistert vom Ergebnis und berichtet eindrucksvoll, wie auch in der Gemeinde die Stimmung von anfänglichem Misstrauen über Interesse in Begeisterung umschlug. „Den Virus geben wir gerne weiter“ so Schlifter.

Professor Hans-Peter Achatzi konnte in seinem Vortrag durch Fallstudien belegen, dass offene Wettbewerbe die Qualität der Ergebnisse nicht nur ästhetisch verbessern: Offene Wettbewerbe kosten nicht mehr und bedeuten keinen höheren Zeitaufwand. Das mag gegen gängige Vorurteile verstoßen, ist aber durch seine Untersuchungen klar belegt. Hieb- und stichfeste Studien, begeisterte Politiker, überzeugte Bürger – Wenn das so ist, warum wird das Instrument des Wettbewerbes in Rheinland Pfalz nicht zum Standardverfahren? Warum greift man lieber zum bekannten, wenn auch vielleicht wenig ambitionierten Partner anstatt auf dem Weg der Vergabe bewusst das Potential einer neuen Generation abzufragen? Steckt dahinter, wie Günther Schartz vermutet, eine noch etwas unerfahrene Haltung dem gänzlich offenen Wettberwerb gegenüber? Führt der Weg über ein vorsichtiges Herantasten über beschränkte und damit überschaubarere Wettbewerbe zwar langsam, aber dafür nachhaltig zum Ziel? Oder liegen die Probleme, wie Preisträger Max Otto Zitzelsberger es ansprach, an einer fehlenden Baukultur in der Öffentlichkeit? Werden schnelle, angepasste und vermeintlich billige Lösungen gegenüber unkonventionellen Entwürfen und nachhaltigen, handwerklich durchdachten Lösungen bevorzugt?
Zumindest wurden von rechtlicher Seite die Hürden für junge Büros deutlich gesenkt. Die neue VGV unterstützt die Beteiligung junger Architektinnen und Architekten sowie kleiner Büroeiheiten, das stellte Hubertus Eilers bei seiner  Erläuterung der Reform der Vergabeordnung deutlich heraus. Eilers bedauert, dass die juristischen Änderungen nicht noch eingreifender ausfielen, hofft aber trotzdem, dass mit der neuen Vergabeordnung mehr junge Architekten den Weg auf den Markt finden. Peter Spitzley, selbst Architekt und als Geschäftsführer des Fachbereichs Architektur an der TU Kaiserslautern auch nah an der Ausbildung des Nachwuchses, stellt als Publikumsbeitrag ein flämisches Modell zur Debatte: Ein Talentscout soll fähigen Nachwuchs suchen und vermitteln. Dieses Verfahren ist rechtlich jedoch nur im niedrigschwelligen Bereich erlaubt. Deutlich wurde an diesem Abend, dass der Dialog aller Beteiligten die wichtigste Grundlage für den Prozess des Strukturwandels in Rheinland Pfalz darstellt, so Heinrich Lessing in seinem Schlusswort. Von einer neuen Praxis im Wettbewerbswesen und bei der Vergabe können junge Architektinnen und Architekten gleichermaßen profitieren wie der ländliche Raum, für dessen Entwicklung Konzepte aus der Schublade nicht weiterhelfen. Die Praxis zeigt, dass es möglich ist. Und die Beiträge der Diskussion zeigen, dass dies auch jenseits der Fachkreise gewollt ist.

Landrat Günther Schartz und Ortsbürgermeister Karl-Heinz Schlifter haben es mit ihren Beispielen aus ihren Gemeinden gezeigt: Regionale Baukultur und beispielhafte Projekte schaffen baulich-räumliche Qualitäten in den Gemeinden und Städte und können über die Lebensqualität im ländlichen Raum mit entscheiden.